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Gelungener Start für «Tageswoche»

Als Reaktion auf die Geschehnisse bei der «Basler Zeitung» (BaZ) wurde in Basel ein neues Medium lanciert: eine Bilanz nach 100 Tagen.

 

Der Name des neuen Basler Medienprodukts ist Programm: Die «Tageswoche» erscheint einmal pro Woche als gedruckte Zeitung, täglich wartet sie online mit neuen Nachrichten auf. Nach 100 Tagen im Netz und 15 gedruckten Ausgaben ist es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Co-Chefredaktor Urs Buess zeigte sich kürzlich bei einem Gespräch im Café der Unternehmen Mitte GmbH, wo sich im Obergeschoss die Redaktion befindet, zufrieden mit dem Auftakt: «Wir haben inzwischen gegen 10 000 Zeitungsabonnemente, und jeden Tag kommt ein Stapel neuer Bestellungen dazu.» Am Kiosk werden pro Woche zusätzlich fast 5000 Exemplare abgesetzt – dies bei einem recht hohen Preis von fünf Franken. Der Onlinezugang kostet dagegen nichts, da konnten sich Bezahlmodelle bisher nicht durchsetzen.

 

Das Unternehmen Mitte in der Altstadt von Basel ist ein Treffpunkt für ein junges, urbanes und technisch bestens bestücktes Publikum. Am Nebentisch telefoniert gerade ein Mann über Skype, viele Gäste haben neben einem Getränk ihren Laptop auf dem Tisch. Auf eine solche Klientel setzt auch die «Tageswoche», die Online nicht bloss als Ergänzung zur gedruckten Zeitung verstehen will, sondern als mindestens ebenbürtiges Medium, das es erlaubt, sich in Echtzeit in eine Debatte einzumischen oder gar Vorschläge für Artikel einzureichen.

Im Internet wartet die «Tageswoche» mit einer Reihe von Blogs (Kolumnen) auf, man findet viele Links, manchmal sogar zur Konkurrenz: So gab es kürzlich einen Hinweis auf einen Artikel von BaZ-Chefredaktor Markus Somm. Nicht alles, was die Macherinnen und Macher beim Start der «Tageswoche» Ende Oktober versprachen, haben sie umgesetzt. So wollten sie etwa Informationen zur Entstehungsgeschichte von Artikeln ins Netz stellen – was sich als zu aufwendig erwies. Einige Stimmen finden zudem, das Onlineangebot sei zu bescheiden. Die «Tageswoche» als kleiner Start-up – dies gilt es zu bedenken – kann es nicht mit den Portalen der grossen Verlagshäuser wie Tamedia und NZZ aufnehmen.

Die «Tageswoche» schaffte es jedoch, zu einer wichtigen Stimme der Nordwestschweiz zu werden. Die Zeitung wartet mit Themen von der Region übers Inland und die Kultur bis zum Sport auf. Die 17-köpfige Redaktion vermag nicht alle Artikel selbst zu schreiben, Ausland-Geschichten werden generell eingekauft. Zu überzeugen vermochte die «Tageswoche» bisher mit guten Schwerpunkten, zum Beispiel zur Sicherheit in Basel (im Vorfeld einer kantonalen Abstimmung über eine SVP-Initiative für mehr Polizei) oder zum schwachen Abschneiden der SP Basel bei den letzten Nationalratswahlen. Das Spektrum der Themen ist breit, es gibt viele süffig geschriebene Lifestyle-Storys. Umweltthemen wurden bisher dagegen kaum aufgegriffen: Die Klimakonferenz im Dezember in Durban zum Beispiel war der «Tageswoche» keine Zeile wert. Die Fotos sind originell und überraschend, das Layout frisch. Die Kommentare und Artikel könnten noch etwas pointierter sein, offenbar wollte das Blatt den Eindruck vermeiden, es sei bloss gegen die BaZ gerichtet.

Das Entstehen der «Tageswoche» ist eine Folge der Krise der BaZ. Seit das Basler Flaggschiff im Herbst 2010 unter den Einfluss von Christoph Blocher geriet, haben Tausende von Abonnentinnen und Abonnenten gekündigt, Dutzende von Redaktionsangestellten quittierten den Dienst. Buess, der zuvor stellvertretender BaZ-Chefredaktor war, hat einige ehemalige Mitarbeitende bei dem neuen Medienprojekt wieder an Bord geholt. Roche-Erbin Beatrice Oeri (Schwägerin der fussballverrückten Gigi Oeri) sichert die Finanzierung für vier Jahre. Das Redaktionsteam ist ziemlich jung, zwischen 25 und 40, und es ist vor allem engagiert. «Die Arbeitsbelastung ist enorm hoch», sagt Buess. So muss er Mitarbeitende nach einem langen Arbeitstag manchmal nach Hause schicken, auch wenn sie finden, ihr Artikel sei vielleicht noch nicht perfekt. Als erfahrener Medienprofi weiss Buess: Auch wenn der Start des neuen Projekts geglückt ist, die Redaktion braucht noch einen langen Schnauf. Ob sich die «Tageswoche» etabliert, wird erst die Zukunft weisen.

 

Stefan Boss, freier Journalist in Basel

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