Alle Menschen sollen von den Chancen der Digitalisierung profitieren können
Die Gewerkschaft syndicom hat am Freitag an einer Digitalisierungstagung die Diskussion über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt und Gesellschaft lanciert. Zentrale Forderung von syndicom ist, dass auch in Zukunft genügend Arbeit für alle vorhanden sein muss. Und dass die Arbeitsbedingungen und Entlöhnungen nicht schlechter werden, sondern besser.

Internet-Unternehmer Leo Keller schilderte die Treiber und Technologien, die hinter der digitalen Revolution stehen. "Alles wird digitalisiert, was digitalisiert werden kann", ist Keller überzeugt. Computer könnten Texte bereits verstehen wie ein 10-jähriges Kind, was zu enormen Möglichkeiten führe bei der Auswertung von Daten. Eine der nächsten grossen Entwicklungen sei das Internet der Dinge, für das die Swisscom das Netz bereitstellen werde. Es sei damit zu rechnen, dass innerhalb von wenigen Jahren weltweit Milliarden von Geräten miteinander verbunden sein werden. Ganze Branchen würden umgewälzt durch die Plattform- und Sharing-Ökonomie, durch digitale Zahlungsformen wie Bitcoin, Automatisierungen und den zunehmenden Einsatz von Robotern.
Die arbeitspolitische Herausforderung der Digitalisierung erläuterte Arbeitssoziologe Dr. Martin Kuhlmann vom Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen. So seien es weniger die Technologien, die die Arbeit verändern, sondern vielmehr die Management- und Organisationskonzepte. Grundsätzlich handle es sich um evolutionäre Entwicklungen, die sich über viele Jahrzehnte hinziehen würden. Dies biete der Gesellschaft genügend Zeit, sich anzupassen. Zentral sei, dass sich die Mitarbeitenden bei der Gestaltung der Arbeitsprozesse einbringen können, was für die Gewerkschaften eine grosse Chance darstelle.
Lebenslanges Lernen fördern
Christophe Degryse, Journalist und Wissenschafter beim europäischen Forschungs- und Bildungsinstitut ETUI in Brüssel, stellte den Stand der Forschung vor. Für die Gewerkschaften in Europa stehen drei Themen im Vordergrund: Arbeitszeitreduktionen, Weiterbildung und Umverteilung. Die Gewinne infolge Automatisierungen und Roboterisierung müssten gerecht verteilt werden. Dafür sei aber eine andere Machtverteilung zwischen Kapital und Arbeit nötig. Wer soziale Unruhen vermeiden wolle, müsse die Macht des Kapitals brechen. Der Wert der Arbeit und damit der Wert der Menschen müssten im Vordergrund stehen und gestärkt werden.
"syndicom will, dass alle Menschen von den Chancen der Digitalisierung profitieren und dass den Gefahren rechtzeitig entschieden entgegengetreten wird", führte syndicom-Geschäftsleitungsmitglied Giorgio Pardini in die Diskussion über Thesen zur Digitalisierung ein. syndicom geht in diesen Thesen auf die Gesamtarbeitsvertrags- und Branchenpolitik ein, die Gesellschaftspolitik und die eigene Organisationsentwicklung. Zentral ist für syndicom, dass das lebenslange Lernen auf allen Ebenen gefördert wird. Zudem muss sichergestellt werden, dass weiterhin genügend Arbeit für alle vorhanden ist. Dazu gehört für syndicom die Diskussion über die Lebensarbeitszeit und Arbeitszeitverkürzung. Aus volkswirtschaftlicher Sicht zentral ist für syndicom, dass die Grundversorgung mit digitalen und Logistik-Dienstleistungen jederzeit auf höchstem internationalem Niveau ist.
Präsentationen von
- Leo Keller (PDF)
- Dr. Martin Kuhlmann (PDF)
- Christophe Degryse (PDF)
- Giorgio Pardini (PDF)
- 13 Thesen zur Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft (PDF)
- Linkliste zum Thema Digitalisierung (PDF)