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Referendum gegen das Buchpreisbindungsgesetz: Migros sammelt

Für einmal sammelt nicht die Kundschaft von Migros, sondern der Detailhandelsriese selber. Und für einmal geht es nicht um Cumulus-Punkte, sondern um Unterschriften: Migros sammelt die Unterschriften für das Referendum gegen das Buchpreisbindungssgesetz.

Migros setzt ihren Entscheid, das Referendum gegen das Buchpreisbindungsgesetz zu unterstützen, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mittel um. Die rund eine Million Migros-Magazin LeserInnen erhielten den Unterschriftenbogen Mitte April zugeschickt. Der Unterschriftenbogen kann ausgeschnitten und eingeschickt oder in einem der 115 Ex-Libris-Shops abgegeben werden. Dort werden die KundInnen an der Kasse zur Unterzeichnung aufgefordert.

 

Die Newsletter-AbonnentInnen von Ex Libris, einer Tochterfirma des Migros-Genossenschafts-Bund (MGB), wurden bereits einige Tage vorher zur Unterzeichnung des Referendums aufgefordert und auf Facebook wird auch fleissig auf das Referendum aufmerksam gemacht. Kein Wunder, kann Ex-Libris-Geschäftsführer Daniel Röthlin im Intranet des Migrosgenossenschaftsbund bereits zu Beginn der Aktion prognostizieren, dass die nötigen 50’000 Unterschriften bis Ende Mai zusammenbringen, wie der “Schweizer Buchhandel” in seiner Onlineausgabe schreibt. Wer eine solche Sammelmaschine anfwerfen kann, muss sich keine Sorgen machen.

Migros Budget
Die Argumentation im Migros-Magazin ist simpel. Mit dem Online-Preisvergleich des neuen “Romans” von Peter Stamm, Seerücken, zeigt das Magazin, dass das Buch für Fr. 19.90 erhältich ist, der “deutsche” Verlag aber den Preis bei 28.90 Franken festsetzt. Schlussfolgerung: Mit der Preisbindung müsste man 9 Franken mehr bezahlen. Wer willl denn da ein solch unnötiges Gesetz?  Was der Journalist allerdings nicht schreibt: auf billigbuch.ch, einer der Plattformen, die Buchpreise vergleichen, gibt es auch ein Angebot für den “Seerücken”  zum Preis von 31.90 Franken.

 

Und genau dies, grosse Preisunterschiede, gehören zu den Veränderungen des Buchmarkts seit der Aufhebung der Buchpreisbindung in der Schweiz im Jahre 2007 und zu Buchmärkten ohne Preisbindung generell. Während die gut verkäuflichen Titel mit grossen Auflagen günstiger wurden, wurden Lehr- oder Fachbücher teurer. Genau dieses Phänomen konnte zwischen 1996 und 2006 in der Schweiz beobachtet werden.

 

In der Westschweiz wurde die Preisbindung  Mitte der 90er Jahre aufgehoben. Im  Vergleich mit der Deutschschweiz stiegen die Buchpreise in der Romandie viel stärker, als in der bis 2007 preisgebundenen Deutschschweiz. Das interessiert aber das Migros-Magazin nicht. Wie auch nicht interessiert, dass Peter Stamm ein überzeugter Befürworter der Buchpreisbindung ist und sein neues Buch nicht ein Roman, sondern Erzählungen enthält, und dass selbstverständlich auch die Bücher von Schweizer Verlagen in die Rabatt-Aktionen einbezogen sind.

Internet-Fixierung
Wen der Buchmarkt als ganzes interessiert und damit auch die Preisgestaltung, wird in der Argumentation im Migros-Magazin aber rasch feststellen, dass es der Migros nur um den Onlinehandel mit Büchern geht. Das hat gute Gründe. Ex Libris, der Medienhändler, verkauft schon längst mehr Musik und Filme als Bücher. Nur Dank der Aufhebung der Buchpreisbindung und einer gut gefüllten Kriegskasse konnte er den Buchmarkt derart aufmischen. Ex Libris hat seit der Aufhebung der Preisbindung insgesamt 30 Millionen Franken in die Werbung für die Rabattaktion (-30%) gesteckt, erklärte Daniel Röthlin im Intranet. Und dies, so lässt zumindest der Jahresbericht 2010, vermuten, vor allem für den Online-Auftritt. Das macht auch Sinn: Denn nur ein Online-Shop läst solche Rabatte zu.

 

Müsste Ex Libris  Buchläden führen, die ein breites Sortiment vorrätig haben, statt seinen Shops, würde er sehr schnell weg kommen, von seiner Rabattschlacht, ist doch die Kostenstruktur für stationäre Buchhändler teurer. Nur, so das Migros-Magazin, wie lange gibt es denn überhaupt noch Buchläden? Das Migros-Magazin prognostiziert ein Anwachsen des Online-Anteils “in den kommenden Jahren” um das dreifache von ca. 15% auf “mehr als 50%”. Selbstverständlich wächst der Onlinehandel und zwar, wie richtig bemerkt wird, mit oder ohne Buchpreisbindung. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass mit der Buchpreibindung der aktuelle Marktanteil von Ex Libris sicher nicht mehr wachsen wird, und die kleinen Buchandlungen am Onlinegeschäft partizipieren können.

Förderung des Kulturguts
Selbstverständlich wird im Migros-Magazin auch auf die Tradition der Kulturförderung verwiesen, auf die die Migros mit Stolz zurückblicken kann. Diese Tradition wolle man nun mit dem Referendum weiter führen. Wer allerdings auf die Homepage des Migros-Kulturprozents geht, findet dort zwar interessante aktuelle Informationen. Einen Hinweis aufs Referendum, fehlt aber. Die Kulturprozent-Verantwortlichen wissen vermutlich zu gut, dass Kulturförderung mehr umfasst, als orange Kleber mit Minusprozenten auf Buchumschläge zu kleben.


24.4.11, Danièle Lenzin, Zentralsekretärin Buch und Medienhandel

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