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Coronavirus und Arbeit: Die syndicom-FAQ‘s

Auch in der Schweiz steigen die Fallzahlen zum Coronavirus. Falls sich das Virus weiter ausbreitet, kann es zu Einschränkungen im Alltag und bei der Arbeit kommen. Welche Folgen hat das für die Arbeitnehmenden? Dürfen sie zuhause bleiben und ihre Kinde versorgen, wenn die Kita schliesst? Darf der Arbeitgeber verlangen, dass ich jetzt Ferien nehme? Die wichtigsten Antworten zu den drängendsten Antworten.

Darf ich aus Angst vor einer Ansteckung der Arbeit fernbleiben?

Sofern keine behördliche Anweisung besteht oder der Arbeitgeber den Betrieb nicht geschlossen hat, stellt das Fernbleiben eine ungerechtfertigte Arbeitsverweigerung dar. Dies kann arbeitsrechtliche Sanktionen bis hin zu einer fristlosen Kündigung nach sich ziehen.

Ich stehe kurz vor der Pension und arbeite auf einer Poststelle. Ich bin aufgrund einer chronischen Atemwegserkrankung besonders gefährdet und habe grosse Angst vor einer Ansteckung. Wie soll ich vorgehen? 

Kontaktieren Sie sofort ihre/n Vorgestzte/n und informieren Sie ihn, dass sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation und des Alters eine besonders gefährdete Person sind. Gemäss der COVID-19-Verordnung 2 des Bundesrates vom 16. März 2020 sind besonders gefährdete Personen gehalten, von zu Hause aus zu arbeiten. Sofern dies nicht möglich ist (wie vermutlich bei Ihnen), so hat sie ihr Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung zu beurlauben.

Darf ich wegen bestehender Ansteckungsgefahr im Betrieb die Arbeit verweigern?

Falls der Arbeitgeber die elementaren Hygienevorschriften nicht einhält und auf angemessene Schutzmassnahmen verzichtet, darf die Arbeit verweigert werden. Trifft dies nicht zu, so ist eine Arbeitsverweigerung ungerechtfertigt. Vor einer Arbeitsverweigerung ist unbedingt mit syndicom Kontakt aufzunehmen. Die Hygienevorschriften und Schutzmassnahmen definieren sich je nach Situation. Mögliche Massnahmen werden hier aufgezeigt.

Aufgrund der erfolgten Schulschliessung muss ich meine Kinder zuhause betreuen. Habe ich Anspruch auf Lohn?

Ja. Der Arbeitgeber ist diesfalls gestützt auf Art. 324a OR verpflichtet, den Arbeitnehmenden für eine beschränkte Zeit den Lohn zu bezahlen.

So äussert sich auch das Seco: "Ist der Arbeitnehmer unverschuldet an der Arbeitsleistung verhindert, weil ihn eine gesetzliche Pflicht zur Betreuung seiner Kinder trifft (Art. 276 ZGB), muss ihm der Arbeitgeber während eines beschränkten Zeitraumes den Lohn gestützt auf Art. 324a OR weiter entrichten. Die Eltern haben sich allerdings zu bemühen, weitere Absenzen bei geeigneter Organisation zu verhindern."

Die Arbeitnehmenden müssen aber ihre Schadenminderungspflicht wahrnehmen und nach einer Alternativbetreuung suchen:

  • Viele Schulen sind daran, ein Angebot zu erstellen, welches Eltern bei der Kinderbetreuung unterstützt. In gewissen Kantonen ist dies bspw. für alle öffentlichen Schulen Pflicht. Die Schulen werden die Eltern voraussichtlich aktiv über dieses Angebot informieren. Sollte keine Information erfolgen, so ist bei der Schule anzufragen, ob diese ein Betreuungsangebot anbietet. Auch das Rote Kreuz kann kontaktiert werden, welches Betreuungslösungen vermittelt. Schliesslich kann von den Eltern verlangt werden, dass sie mit anderen Eltern Kontakt aufnehmen und mit ihnen zusammen eine alternierende Betreuungslösung auf die Beine stellen. Auf Betreuung durch die Grosseltern ist unbedingt zu verzichten.
  • Die Eltern sind verpflichtet, sich bei der Betreuung aufzuteilen, so dass nicht bloss der Arbeitgeber des einen Elternteils den Nachteil trägt.
  • Falls die Möglichkeit zu Home-Office besteht, sind die Eltern verpflichtet, von zuhause aus zu arbeiten. Dies umso mehr, je älter die Kinder sind. Die Eltern können diesfalls auch verpflichtet werden, einen privaten PC zuhause zu nutzen, sollten sie am Arbeitsplatz über keinen Laptop verfügen.

Ich selber bin erkrankt. Erhalte ich den Lohn?

Ja. Die Dauer der Lohnfortzahlung ergibt sich aus Gesetz, Arbeitsvertrag oder anwendbarem GAV.

Wie sieht es aus, wenn ich meine Kinder aus der Schule nehme, damit sie sich nicht anstecken können? Erhalte ich dennoch den Lohn, wenn ich zwecks Kinderbetreuung von der Arbeit fernbleibe? Ändert sich etwas, wenn die Schule, Tagesstätte oder Kindergarten behördlich geschlossen wird?

Ohne behördliche Schließung der Schule etc. liegt bei Fernbleiben von der Arbeit eine ungerechtfertigte Arbeitsverweigerung vor, welche sanktioniert werden kann. Lohn ist diesfalls nicht geschuldet. Erfolgt eine behördliche Schliessung, so muss der Lohn zumindest für eine beschränkte Zeit weitergezahlt werden. Die Eltern sind verpflichtet, eine andere Betreuungslösung zu suchen.

Bin ich verpflichtet, wegen Krankheit von Arbeitskollegen Überstunden oder Überzeit zu leisten?

Ja, soweit dies zumutbar ist. Auch Überzeit kann angeordnet werden. Überzeit ist von Mo bis Sa zwischen 6 und 23 Uhr möglich. Zu beachten ist, dass die tägliche Höchstarbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers mit Einschluss der Pausen und der Überzeit innerhalb von 14 Stunden liegen muss (Art. 10 Abs. 3 ArG). Der Ausgleich der Überzeit hat i. d. R. innert 14 Wochen stattzufinden. Arbeitnehmer mit Familienpflichten dürfen nur mit ihrem Einverständnis zu Überzeitarbeit herangezogen werden (Art. 36, Abs. 2 ArG). 

Kann der Betrieb kurzfristig Betriebsferien anordnen?

Grundsätzlich nein, da Ferien und damit auch Betriebsferien rund drei Monate im Voraus angeordnet werden müssen. Je nach Situation kann es aber angebracht sein, kurzfristig angeordnete Betriebsferien zu akzeptieren (bspw. bei finanziellen Schwierigkeiten des Arbeitgebers). Werden die Betriebsferien nicht akzeptiert, so empfiehlt es sich, dies dem Arbeitgeber mittels eingeschriebenem Brief oder E-Mail mitzuteilen.

Kann der Bezug eines positiven GLAZ-Saldos, Überstunden oder anderer Zeitguthaben angeordnet werden? Darf ich solche Guthaben eigenmächtig beziehen?

Zur Beantwortung dieser Frage muss der Arbeitsvertrag und GAV beigezogen werden. In der Regel dürfte die Anordnung des Bezuges von Zeitguthaben zulässig sein. Der eigenmächtige Bezug ist demgegenüber nicht zulässig und kann arbeitsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen (bis hin zur fristlosen Kündigung).

Was passiert bei einer vorübergehenden Betriebsschliessung durch den Arbeitgeber oder durch die Behörden? Ist der Lohn dennoch geschuldet?

Ja. Da der Betrieb das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko trägt, besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Lohnfortzahlung. Auch die Betriebsschliessung aufgrund behördlicher Anweisung liegt in der Risikosphäre des Arbeitsgebers. Aufgrund der Schliessung ist er nicht mehr in der Lage, die Arbeitsleistung der Arbeitnehmenden anzunehmen und er gerät deshalb in Arbeitgeberverzug. Gemäss Art. 324 OR ist deshalb der Lohn geschuldet, ohne dass die Arbeitnehmenden zur Nachleistung verpflichtet sind.

Muss der Betrieb Hygienemasken oder andere Hygieneartikel abgeben?

Der Betrieb ist als Arbeitgeber verpflichtet, seine Angestellten während der Arbeit angemessen zu schützen. Da das Ansteckungsrisiko im Falle einer Pandemie nicht überall gleich hoch ist, wird das Tragen einer Hygienemaske nicht generell durch das BAG empfohlen. Es ist allerdings dort als sinnvoll zu betrachten, wo eine erhöhte Gefahr der Verbreitung des Grippevirus (z.B. bei Menschenansammlungen, bei Kundenkontakten, usw.) nicht vermieden werden kann. Die genauen Situationen, in denen Hygienemasken verwendet werden sollen, können allerdings erst dann definiert werden, wenn das Pandemievirus und dessen spezifische Übertragungseigenschaften bekannt sind.  Das BAG wird im Fall einer Pandemie rechtzeitig kommunizieren, in welchen Situationen das Tragen einer Hygienemaske sinnvoll ist. Es wird empfohlen, sich an die offiziellen Empfehlungen zu halten.

Was passiert, wenn in meinem Betrieb Corona-Erkrankungen auftreten?

Der Arbeitgeber muss den Kantonsarzt verständigen, welcher die angemessenen Massnahmen bis hin zu einer Schliessung prüft.

Ich beabsichtige, im April meine Familie in Italien zu besuchen. Mein Arbeitgeber (eine Druckerei) hat angedroht, dass er mich nach Ferienrückkehr für mindestens eine Woche nicht arbeiten lasse und mir auch keinen Lohn bezahlen werde. Ist das rechtmässig?

Ja. Italien ist zweifellos ein Risikoland und wird entsprechend auch auf der Risikoliste des Bundesrates geführt. Wer freiwillig in ein Risikoland reist, muss damit rechnen, dass er vom Arbeitgeber nicht in den Betrieb gelassen wird und – sofern Home-Office nicht möglich ist – für die Dauer der «Quarantäne» keinen Lohn erhält.

Ich bin selbständige Fotografin und meine Aufträge für Events in Kultur und Medien werden aufgrund der aktuellen Situation storniert. Ich habe massive Einbussen und weiss nicht, wie ich meinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Wo kann ich Unterstützung erhalten?

Selbständig Erwerbende gehören zu dem von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besonders betroffenen Personenkreis. Da sie sich in der Schweiz nicht gegen Arbeitslosigkeit versichern können, besteht aktuell über diesen Weg keine staatliche Absicherung. Es ist jetzt an der Politik, rasch und unkompliziert finanzielle Unterstützung für die Soforthilfe zu gewähren. Ich rate Ihnen, Ihre Einkommenseinbusse zu dokumentieren, damit Sie zu gegebener Zeit Unterstützung beantragen können. Verschiedene Verbände und Gewerkschaften sammeln derzeit diese Angaben der Berufsleute in ihren Sparten und Organisationsbereichen; syndicom ist als Gewerkschaft in den Medien und bei den visuellen Berufen ebenfalls daran. Sollten Sie dringend bereits auf Nothilfe angewiesen sein, so wenden Sie sich an die Sozialhilfe.

 

Die Antworten sind als Orientierungshilfe zu verstehen und ersetzen keine Rechtsberatung. Bitte melden sie sich bei uns, wenn sie Fragen zu ihrem spezifischen Fall haben. Wir sind per Kontaktformular oder telefonisch unter 058 817 18 18 für Sie erreichbar.

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